Dr. Heike Weishaupt, Historikerin, Amstetten

Wie der Vater, so der Sohn: Karl Maybach, Pionier der modernen Antriebstechnik

KarlMaybach Wilhelm Maybachs ältester Sohn Karl (1879-1960) wurde in Deutz bei Köln geboren, wo der Vater als Konstrukteur bei den Deutzer Gasmotorenwerken arbeitete. Und nicht nur dort, sondern auch in Cannstatt in der Privatwerkstatt von Gottlieb Daimler und später bei der Daimler-Motoren-Gesellschaft (DMG) lernte Karl vieles von seinem Vater. Es folgten die technische Ausbildung und verschiedene Anstellungen. Die auf die Bedürfnisse von Luftschiffen und Flugzeugen optimierten Benzinmotoren bestimmten die ersten zwei Jahrzehnte seines Schaffens in Friedrichshafen, gefolgt von der Entwicklung des weltweit ersten schnelllaufenden Großdieselmotors mit außerordentlicher Leistung – er markierte 1924 den Beginn des dieselbetriebenen Schienenverkehrs.

Eine Triebfeder von Sohn Karl war die Rehabilitation des Vaters, der nach jahrelangen Querelen gedemütigt 1907 die DMG verließ. Die Gründung eines Unternehmens zu Entwicklung und Bau von Luftschiffmotoren für Graf Zeppelins Luftschiffe 1909 – als direkter Konkurrent zur DMG! – in Friedrichshafen war die Möglichkeit, die Konstruktionskunst der Maybachs zu demonstrieren. Auf direkte Spuren des Vaters begab sich Karl, als er 1921 ein Maybach-Automobil vorstellte: den Maybach 22/70 PS, eine Limousine im oberen Preisgefüge und mit zahlreichen technischen Highlights, somit in direkter Konkurrenz zu den großen Mercedes-Wagen.

KarlMaybachWagen Karl Maybach (zweiter von rechts) mit einem seiner Maybach-Wagen Typ W 3 vor der Maybach-Motorenbau GmbH in Friedrichshafen, um 1924/25. [Bild: Mercedes-Benz Classic]

Karl war nicht nur technischer, sondern auch unternehmerischer Leiter und Gesellschafter. Er trug gegenüber dem Unternehmen und den Mitarbeitern eine große Verantwortung; er musste immer wieder das Produktportfolio anpassen. Wilhelm war Mitgesellschafter bis zum Tod 1929 und stand seinem Sohn bei technischen Fragen mit Rat zur Seite – ihre Briefe in den Archiven geben uns Einblicke in den intensiven Austausch. Da berichtete Wilhelm Maybach etwa 1926, dass er bei einer Mitfahrt in einem Maybach eine ruhige und sichere Fahrt gehabt habe und über die einfache Bedienung erstaunt sei.

KarlundBertha Wilhelm und Bertha Maybach vermutlich mit ihren zwei Söhnen auf einem der ersten von Wilhelm Maybach konstruierten Riemenwagen, um 1892 [Bild:Stadtarchiv Heilbronn]

Der Name Maybach war mehr als ein Familienname, sondern durch die Umbenennung des Friedrichshafener Unternehmens 1918 in Maybach-Motorenbau ein Firmen- und Markenname. Produkte und Schriftstücke trugen fast fünf Jahrzehnte das berühmte Doppeldreieck mit Doppel-M. Vater Wilhelm und sein ältester Sohn Karl waren geniale Konstrukteure im 19. und 20. Jahrhundert und schrieben die Mobilitätsgeschichte mit. Karls Erfindungen auf dem Gebiet der Motoren- und Antriebstechnik sind der Grundstein für die Erfolge des heute zu Rolls-Royce gehörenden Unternehmens Rolls-Royce-Power Systems. Wer auf den Spuren Karl Maybachs wandeln möchte, tut dies am besten in Friedrichshafen, auf dem „Maybach-Weg", der 2005 von dem nach ihm benannten Gymnasium gestaltet wurde.


Bildnachweis erstes Bild auf der Seite: Wilhelm Maybachs ältester Sohn Karl (1879-1960) [Bild: Mercedes-Benz Classic]